Der Mann mit dem Hammer kommt nochmal und hat größeres Werkzeug dabei…
Nach der Ankunft im wunderschönen und sonnigen Scuol gestern hatten wir uns auf besseres Wetter eingestellt und so langsam kam auch Urlaubsfeeling auf. Aber nix wars. Heute morgen um 7 Uhr rief nochmal Radio Siegen und machte ein aufgezeichnetes Interview für die Sendung ab 9 Uhr. Kurz danach hörte der Regen auf und so langsam kam die Sonne raus.
Dann das übliche Programm:
Frühstücken, Toilette, Räder-Setup, Umziehen, Klamotten und Nahrung für unterwegs einpacken, von den Mädels verabschieden und ab zum Start.
Beim Start ist mit 14 Grad und Sonne noch recht angenehm. Dann geht es direkt in moderater Steigung bergauf in das schöne Dorf S’Charl, in dem wir vor zwei Jahren bei unserer ersten Alpenüberquerung übernachtet hatten. Jetzt geht es zügig weiter hinauf durch ein wunderschönes, naturbelassenes Tal hinauf zum Pass da Costainas, teilweise über sehr technische Trails. Die Abfahrt beginnt ebenfalls sehr ausgesetzt und ist was für Fahrtechniker. Da mein Schwager Stephan vor zwei Jahren alles gefahren ist, wusste ich, dass es prinzipiell möglich ist und bin mit dem 29er überall runter gefahren.
Obwohl wir jetzt den Alpenhauptkamm überquert haben wird es immer kälter. In der Abfahrt ziehen wir unsere Windstopper-Jacken an und selbst unten im Ort Fuldera, wo die erste Verpflegungsstation wartet ist es recht kalt. Und wie es immer so ist, kommt es eben immer noch schlimmer und beim Aufstieg ins Val Mora, dass wir wegen der tollen Trails in bester Erinnerung haben, wird es immer kälter, dazu kommen dann noch Graupelschauer. Auf der Spitze am Döss Radond bläst ein eiskalter Wind und Graupel peitscht ins Gesicht. Leider können wir so die schönen Trails kaum genießen. Der technische Trail Richtung Lago di Fraele ist nur am Anfang frei, dann stehen wir ärgerlicherweise im Stau, da doch viele Biker Probleme mit den Trails haben.
Unterwegs trifft man Fahrer und Fahrerinnen aus der ganzen Welt. Die für uns gewohnten Kommandos beim Überholen etc. muss man auf englisch kennen, auch der Smalltalk unterwegs wird auf englisch geführt. Heute überholt mich ein Ami, der ebenfalls Probleme mit der Verdauung hatte. Nach einem kurzen Fachgespräch verabschiedet er sich mit den Worten "Everybody got’s the shit, man!"
Am Lago dann die zweite Verpflegung. Die Helfer stehen in dicken Winterjacken und Mützen eingehüllt und frieren trotzdem, es ist hier wie im tiefsten Winter. Übel. Ziemlich erschöpft schleppen wir uns den vermeindlich letzten Berg hoch. Dirks Hüfte schmerzt und mein Körper ist ausgelaugt, wir kommen nur noch sehr langsam vorwärts. In der letzten Abfahrt nach Livigno stehen Sicherheitsleute auf dem Trail, da es direkt links vom Trail ungefähr 100m senkrecht runter geht. Zum Glück ist der Weg breit, man sollte halt nur die Kurven nicht so schneiden. Nach einer weiteren ruppigen Abfahrt, die mir fast den Kopf vom Hals schüttelt kommen wir nach Livigno. Leider können wir nicht über die Hauptstraße in den Ort und müssen nochmal 200 hm in die Berge und den Ort umkurven. Ganz, ganz fies: Auf dem Trail zum Ziel kommen nochmal einige kurze und sehr steile Anstiege die auch noch die allerletzten Reserven fordern. Total fertig rollen wir runter ins Ziel und holen uns erstmal einen heißen Kaffee. Dabei waren es heute nur 77 km und 2600 hm. Morgen stehen 122 km und 2900 hm auf dem Plan. Mal schauen, wie das so klappt.
Source: MTBS-Archiv