It ain’t over, till it’s over
Zum letzten Mal müde in den Startblock rollen, ein letztes Mal „Highway to Hell“ und los geht’s. Nach einem kleineren Hügel steht der letzte, 900hm hohe Anstieg an. Und der hat es in sich: grober Schotteruntergrund und fiese Rampen mit bis zu 23% Steigung. Nach gut zwei Stunden nicht enden wollender Kurbelei sind wir endlich auf 1745m Höhe angekommen und fahren ein paar Kilometer auf der Hochebene vom Passo San Giovanni, mit wunderbarem Blick nach rechts auf die Alpen. Vor uns schimmert schon in weiter Ferne unser heutiges Etappenziel: der Gardasee.
Dann geht es in die Abfahrt:
Uli Stanciu hatte im Briefing gestern Abend schon von einem „sehr technischen und ausgesetzten Trail gesprochen, der nur für wenige fahrbar sein wird“. Wer Stanciu und seine Formulierungen kennt, weiß spätestens hier, dass der Trail eigentlich unfahrbar ist. „Halt ein typischer Gardaseetrail“
Alle, die hier runter schieben müssen, hatte er gebeten, Platz zu machen, für die, die fahren können. In der Praxis hat das aber nicht funktioniert, da viele doch nicht ihren Platz verlieren wollten, man oft auch einfach nicht vom Weg runter konnte oder das runter-schieben selbst schon sehr schwierig war, dabei sind schon viele ausgerutscht. Also Minitool raus, Sattel runter (das einzige mal auf der gesamten Transalp) und runter. Ich konnte so ca. 20 % fahren, bei freier Strecke wären vielleicht 60-70 % möglich gewesen. Effektiv haben wir also knapp 800 hm die Räder runter getragen, nervig.
In Ranzo dann die erste Verpflegungsstation. Ich habe das Rad vor der Zeitmessschleife abgelegt und schonmal die Flaschen aufgefüllt und zurück zum Rad. Als Dirk kam, haben wir im fliegenden Wechsel die Flasche getauscht und sind direkt weitergefahren. Es folgt eine weitere steile Abfahrt über Betonpsiten, die teilweise mit feinem Schotter bedeckt sind, sehr rutschig. Hier hat es ein paar heftige Stürze gegeben.
Unten in Sarche angekommen, startet ein Rennen im Rennen. Das Magura Raceteam setzt sich vor uns und macht richtig Tempo. In aberwitzigem Tempo stochen die beiden über die Strecke des Gardasee-Marathons, die teilweise noch sehr ruppige Abschnitte enthält. Leider wird Dirk von einem Hardtailfahrer aufgehalten und verliert den Anschluss an die Gruppe. Später geht es weiter über einen Radweg, teilweise im Zick-Zack durch die Obstplantagen. Ein weiteres Team klemmt sich hinter das Magurateam und versucht mitzuarbeiten, was aber kaum gelingt. Wir laufen auf einige Teams auf, die versuchen, im Windschatten mitzukommen. Alle müssen abreißen lassen, die Magura-Jungs knallen wir von Sinnen über die Radwege und Straßen. Mein Puls erreicht zum ersten Mal seit vielen Tagen wieder über 170 Schläge. 6 km vor dem Ziele nehme ich noch ein Gel, ich schaffe es so gerade, überhaupt im Windschatten zu bleiben.
Zum Glück hat Dirk auch eine Supergruppe erwischt, die ihn durch den Gegenwind nach Riva zieht, so kommt er kurz nach mir im Zielbereich an und wir können gemeinsam über die Ziellinie rollen. Geschafft! Jetzt erstmal ein Weizen…
Irgendwie hatten wir gedacht, alle Unbill hätten wir überstanden. Leider wurde die große Abschlussparty am Strand von Riva kurz vor der Verleihung der Finisher-Trikots jäh durch ein heftiges Gewitter beendet. Direkt neben uns schlugen die Blitze ein, Sound und Licht waren weg und wir wurden nochmal richtig nass. Nachdem wir in einem Restaurant 2 Stunden vergeblich auf ein Taxi mit Radtransportmöglichkeit gewartet hatten, machen Manu und ich uns mitten in der Nacht in strömendem Regen auf zu unserem Womo, was 7 km von Riva entfernt auf einem Campingplatz steht. Monika und Dirk fahren mit dem Taxi, das sie ihre Räder schon nachmittags zum Womo gebracht hatten. Völlig durchnässt kommen wir um 0 Uhr am Womo an. Jetzt nur noch ins Bett und endlich ausschlafen.
Ein paar Zahlen:
– Dirk und ich haben aus eigener Verpflegung ca. 60 Gels, 40 Riegel und 700 gr. Energiepulver verbraucht
– Pannen: bis auf einen Kettenklemmer hatten wir keine einzige Panne. Es lebe der Racing Ralph! Den hatten wir beide vorne und hinten drauf (08er Modell).
– Scott hat 800 (Scott-)Räder gewartet
– Cube pro Tag 45 (Cube-)Räder in Schuss gebracht, 3 Rahmensets umgebaut, 75 Reifen und 30 Satz Bremsbeläge getauscht
– Shimano montierte 200 Bremsbeläge, 80 Ketten und 130 Meter Schaltseil
– Maxxis versorgte das Feld mit 230 Schläuchen und 110 Reifen
– Magura hat 350 Bremsen geprüft und repariert (und Dirks Gabel gewartet)
– Fox, Rocky Mountain und Specialized haben auch einiges geschraubt
– wir erreichen in unserer Altersklasse den 160. Platz von 271 (über 300 waren gestartet) und den 251. Platz gesamt (von 550)
Source: MTBS-Archiv